Corona
Frühjahr 2020

Wie ich die Coronazeit erlebte, möchte ich mit nachfolgendem Link illustrieren.

Ich erlaube mir, diesen Link aufzunehmen: 

https://www.youtube.com/watch?v=MfPpBFduHuY

Am Anfang der Pandemie habe ich bei Facebook folgenden Beitrag gepostet:

Ein Virus, das an den Grundfesten unserer Verfassung rüttelt

corona

Das Coronavirus kennt unser Grundgesetz nicht. Ihn interessieren die Grundrechte nicht. Sein Interesse ist, sich zu vermehren.

Die weltweit geltenden Kontaktbeschränkungen treffen uns sehr. Freiheiten, wie wir sie aus "Friedenszeiten" kennen, sind erheblich eingeschränkt. Es geht den Regierungen darum, das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, und deshalb die Erkrankungen in Schach zu halten. Je weniger Kontakte es gibt, umso geringer ist die Infektionsgefahr. Dies ist, wie ich finde ein Auftrag an die Exekutive. Bundeskanzlerin und Minister, wie auch Landesregierungsmitglieder haben geschworen, das Land vor Gefahren zu schützen. Weil niemand die Eigenschaften des Virus kennt, müssen die Maßnahmen entsprechen restriktiv ausfallen.

Nicht die Exekutive ist Souverän des Staates, sondern das Volk. Es muss wissen, was es möchte. Das ist schwer. Jeder Bürger hat seine Interessen, die ihm wichtig sind. Einkaufen, Reisen, Versammlungen in Gotteshäusern und Demonstrationen für Bürgerrechte, das alles sind berechtigte Bedürfnisse in einer Demokratie. Konzerte, Besuche in Museen und öffentliche Einrichtungen, Volksfeste und Märkte sind Lebenselixiere einer Gesellschaft (Brot und Spiele). Die Begegnungen mit Freunden, Verwandten und Nachbarn gehören zum unserem Sozialalltag. 

All dies ist im Moment sehr eingeschränkt, ja teilweise unmöglich. Ein Kulturvolk lebt vom Handel. Das gilt seit Alters her. Auch das wirtschaftliche Leben ist vom Virus stark betroffen. Das Bundesverfassungsgericht sieht dies und setzt der Exekutive Grenzen: Nicht länger als erforderlich und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Und hier beginnt das Problem.

Zweifellos ist das Leben das höchste Gut. Zustände, wie aus anderen Ländern berichtet, dass Menschenleben kategorisiert werden muss, soll es bei uns nicht geben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass auch bei uns das Gesundheitswesen Mängel aufweist. Diese sind bis jetzt auch nicht beseitigt, trotz erheblicher Anstrengungen. Die Rechnungen der Experten haben ihren Sinn. Im Rahmen ihrer Expertisen müssen wir uns bewegen. Es gibt Modelle dafür. Welches nun richtig ist, vermag niemand zu beurteilen. Das Virus ist eine Kreatur. Es folgt seinen eigenen Gesetzen. Es ist nicht Teil unserer Gesellschaft, was sich unseren Gesetzen unterordnet. Es ist gewissermaßen ein unberechenbarer "Verfassungsfeind". Dem gilt unser gesellschaftlicher Widerstand. Um unsere Grundrechte zu schützen, müssen wir bereit sein, uns gegenseitig zu schützen. Glücklicherweise geschieht dies auch. Es ist jedermanns Entscheidung: je zurückhaltender ich mich bewege, umso größer ist mein Anteil am kollektiven Schutzschirm. Und wenn ich mich bewege, dann mit entsprechendem Respekt gegenüber dem anderen.

Bisher habe ich die Kontaktsperre einigermaßen gut überstanden. Es ist schmerzlich, Freunde nicht zu treffen. Für die letzten Wochen hatte ich mich mit lieben Freunden verabredet. Das hat wegen der Reisebeschränkungen nicht funktioniert. Auch wenn ich jemanden habe, der Einkaufshilfen für mich macht, habe ich ein Problem damit. Ich sehe nicht, was in den Regalen der Läden ist; ich muss vorplanen. Und schließlich läuft auch der Onlinehandel nicht immer nach gewohntem Muster ab. Man muss auf die Pakete warten. Aber ich habe keine Notlage. Ich habe es gut. Auch wenn der Ausnahmezustand noch länger anhalten wird, wenn ich Pläne noch einmal umwerfen muss, es gab vor nicht einmal allzu langer Zeit Zeiten, die weitaus beschwerlicher waren als die Pandemie jetzt. 75 Jahre ohne Krieg und 72 Jahre "Wirtschaftswunder", das sind doch Gründe zur Dankbarkeit.

Ich wünsche für uns Langmut im Umgang mit dem Coronavirus.

Nichts hat sich im Laufe der Zeit an meiner Auffassung geändert, auch wenn sich manches über die Wirkung des Virus nun erklären lässt. Ich möchte deshalb den Blick auf zwei Gleichnisse richten:
Das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (Mk. 4, 1 – 20) und dem Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk. 4, 26 – 29). 

Im Moment richten sich unsere Blicke auf die Saat, die auf den Weg, auf steinigen Boden und unter die Dornen gefallen sind. Zweifellos waren die Entwicklungen der letzten Wochen so, wie bei einer Sturmflut. Wir erlebten einen Ausnahmezustand. Fast alles war heruntergefahren. Existenzen wurden bedroht. Wenn jetzt wieder normaler Alltag hochgefahren wird, so haben wir immer noch mit den Auswirkungen des Corona-Virus zu tun. Nichts wird wie vorher. Ich denke, nur wenige werden davon profitieren – vor allem die, die am lautesten sind. Und sie werden die Leisen ersticken. Die „Vernünftigen“ werden sich weiterhin an die Kontaktbeschränkungen und an die Hygienevorschriften halten. Sie werden sich wohl in ihrem kleinen Kreis bewegen. Und sie warten, bis staatliche Behörden vermelden, dass sie die Pandemie irgendwie in den Griff bekommen haben. Dann gibt es die anderen, die „Unvernünftigen“. Sie werden die wieder gewonnenen Möglichkeiten in ihrer Fülle ausnutzen. Sowohl die „Vernünftigen“ wie auch die „Unvernünftigen“ werden von sich behaupten, dass sie im Recht sind. Was ich hier beschrieb, ist Stand der aktuellen Lage.

Was ich glaube übersehen wird, ist: „Der Sämann“ ist die gemeinsame Einsicht, dass die staatlichen Eingriffe notwendig sind, dass sich die Pandemie kontrollieren lässt. Es hat sich eine positive Wirkung gezeigt. Es gibt offensichtlich keinen Notstand in den Krankenhäusern. Weil der Notstand in den Krankenhäusern ausfiel, erwachsen daraus die Gedanken, dass die Einschränkungen wieder aufgehoben – zumindest gelockert werden müssen. Die Warnungen der Experten blieben teilweise ungehört. Es kommt hinzu, dass durch sich durch die Einschränkungen nicht erwünschte Nebenwirkungen einstellten. Zwar haben Bund und Länder Hilfen versprochen. Sie sind können aber das Defizit, das sich durch die Maßnahmen ergibt, nicht ausgleichen. Trügerische Erwartungen! Das „vierfache Ackerfeld“ ist Realität. Es musste eigentlich von Anfang an klar sein, dass die Pandemie wie eine Sturmflut über uns hereinbrechen wird. Wir müssen wissen, was wir möchten. Kein Weg führt an der Katastrophe vorbei.

Ich habe mir Gedanken gemacht, wie es in den nächsten Monaten aussehen könnte. Zwei Szenarien sind mir in den Sinn gekommen:
Entweder wir entscheiden uns für das bürgerliche Leben, das wir bisher hatten. Wir werden unseren Wohlstand erhalten können. Die Folgen der Pandemiebeschränkungen können schnell wieder ausglichen werden. Nichts wird uns mehr an die „Sturmflut“ erinnern. Ich denke dies ist ein Weg, den wir auch aus vergangen Katastrophen kennen. Ich erinnere mich aber auch daran, dass Maßnahmen für einen verbesserten „Katastrophenschutz“ sehr lange brauchen. Es kann passieren, sich dieselbe Katastrophe wiederholt.

Oder wir entscheiden uns für einen neuen Weg. Teilweise besteht diese Forderung schon. Ich meine den Weg zur Verantwortung für die Welt. Bisher gibt es nur fragmentierte Lösungsansätze. Ein gemeinsames Konzept gibt es noch nicht. Das zweite Gleichnis könnte helfen: „Ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.“ Wir wissen inzwischen, dass unser Gesellschaftssystem gegen über der Welt unverantwortlich ist. Eine Abkehr davon wird bereits seit einiger Zeit gefordert und diskutiert. Ich verfolge dies aufmerksam. Auch hier gilt: Wir müssen wissen, was wir wollen. Ich habe den Eindruck, dass der Ernst des Problems erkannt wurde, nur der Weg ist umstritten. Wie schnell muss es gehen? Es muss wachsen. Wie bei der Coronapandemie brauchen wir Geduld. Es wird sicher nicht einfach.

Was mir klar geworden ist, so wie es bisher war, geht es nicht weiter. Es ist ein Prozess des Umdenkens im Gange – auch persönlich. Ich habe die letzten Wochen damit verbracht über meine Zukunft nachzudenken. Ich werde eine Veränderung vornehmen. Darüber werde ich zu gegebener Zeit berichten.

Bevor Sie
durch meine Seite stöbern..

editorial

Mit dieser Homepage möchte ich den Menschen, der hinter der Person „Klaus-Johannes-Wolf“ vorstellen. Damit folge ich gerne dem Rat eines Freundes, ein biografisches Werk zu verfassen. Die Homepage ist, wie ich meine, ein geeignetes Medium dafür. Es entwickelt sich der Mensch und mit ihm geht auch eine Entwicklung dieser Homepage einher.

In verschiedenen Rubriken beschreibe ich das, was für mein Leben wichtig war und ist. Keine der Rubriken kann von daher nur für sich betrachtet werden. Es gibt zwangsläufig Verknüpfungen zwischen den einzelnen Rubriken.

Die Homepage ist auch eine Plattform, mit mir in Kontakt zu kommen. Ich lade jeden Interessierten ein, ein Kontakt mit mir aufzunehmen. Ich werde gewiss antworten. Ach ja, mit dieser Homepage ist weder eine allgemeine Werbung noch die Erlangung von Aufträgen für meine berufliche Tätigkeit beabsichtigt. Anfragen in dieser Richtung werde ich höflich absagen.

Nun wünsche ich jedem Besucher eine interessante Lektüre beim Durchstöbern meiner Homepage.

Klaus Johannes Wolf

Vom Hans
im Glück

Eigene Geschichte 2009

Es war einmal ein Mann. Er war steinreich. Er wohnte in einer der schönsten Villen seiner Stadt. Er bereiste alle Länder der Erde. Er konnte die erlesensten Speisen und die besten Weine der Welt genießen. War er krank, so kamen die besten Ärzte zu ihm. Er musste nicht arbeiten. Die Arbeit erledigten für ihn seine Diener. Er hatte also alles, was das Herz begehrte. Nur eines plagte ihn, die Gedanken Fremde könnten ihn um sein Hab und Gut bringen wollen. Deshalb mied er jegliche Kontakte zu anderen Menschen. Er ließ eine hohe Mauer um seinen Grund ziehen und seine Tore waren wie eine Festung gesichert.

Eines Tages stand ein kleiner buckliger Mann vor den Toren seiner Villa. Die Diener des reichen Mannes versuchten den Mann zu vertreiben. Doch dieser sprach: „Ich komme zu eurem Herrn, damit er mir diene bis er sein Glück gefunden hat.“ Der Reiche lachte, als er dies von seinen Knechten vernahm. Er, der reichste Mann der Welt, solle einem Gnom dienen, und so das Glück finden? Niemals.
Um dem Gnomen eine Lehre zu erteilen, was er von dessen Vorschlag hielte, ließ er seine Diener noch mehr arbeiten als zuvor. Die Diener murrten. Und weil einige sich wagten, gegen ihren Herrn sich zu verschwören, wurden sie mit drakonischen Strafen belegt, so dass auch sie am Ende nach dem Willen des Herrn ihre Arbeit taten.

Als der Bucklige andern Tags wieder vor den Toren des Reichen stand und von den Vorgängen erfuhr, fragte er den Reichen: „Hast du dein Glück gefunden? Ich komme zu dir, und du wirst mir dienen, bis du dein Glück gefunden hast! Lade mich zu einem Gastmahl ein!“ Der reiche Mann dachte: „Wenn ich diesen buckligen Mann zu mir an den Tisch bitte, was mag ich wohl dabei verlieren? Ich brauche nicht die erlesensten Speisen und die besten Weine auftragen lassen und vielleicht unterhält mich der Gast auch; dann bin ich nicht alleine.“ Also bat er den Buckligen an seinen Tisch.
Er aß und trank und alsbald schlief er vom Genuss des Weines ein. Da ließ der Reiche seinen schlafenden Gast wieder vor die Türe setzen. Den Abend hatte er sich anders vorgestellt. Enttäuscht und zornig zog sich er sich in seine Gemächer zurück.

Am nächsten Tage erschien der kleine Bucklige erneut vor den Toren des reichen Mannes. „Ich komme zu dir, und du wirst mir dienen, bis du dein Glück gefunden hast!“ – „Habe ich dich gestern nicht zum Gastmahl eingeladen? Und du bist bei Tisch vom Genuss des Weines eingeschlafen, “ erwiderte der Reiche. „Wie soll ich so das Glück finden?“ – „Du hast mir kein Bett angeboten, worin ich meinen Rausch hätte ausschlafen können!“ sagte der Bucklige. „Niemals werde ich jemanden wie dich in meinen kostbaren Leinen schlafen lassen!“ antwortete der Reiche. Der bucklige Gnom bestand aber darauf. Nun also lud der reiche Mann ihn abermals zum Gastmahle ein, ließ wie tags zuvor Speisen und Wein auftragen.
Und es geschah wie am Vortage, dass der Gast vom Genuss des Weines bei Tische einnickte. Dann wurde er von den Dienern in ein Gästebett gebracht. Als am nächsten Morgen die Diener entsetzt ihrem Herrn berichteten, dass die weißen Leintücher über Nacht durch den buckligen Mann rabenschwarz wurden, ließ der Reiche seinen Gast Hals über Kopf wieder vor die Türe setzen. Zornig verbrachte er den Tag alleine in seinen Gemächern.

Am Abend stand der Bucklige wieder vor den Toren des reichen Mannes. Diesmal ließ er dem Reichen mitteilen: „Verkaufe dein ganzes Hab und Gut, gib den Erlös den Bedürftigen und werde Wandergeselle!“ Dem Reichen schien dies ein übler Scherz zu sein und wies seine Diener an, jenen vom Gelände zu vertreiben. Nachdem es ihnen aber nicht gelang, fragte der Reiche den Gnom: „Welchen Vorteil bekomme ich, wenn ich alles Hab und Gut verkaufe, den Erlös den Bedürftigen schenke und Wandergeselle werde?“ – „Du wirst so dein Glück finden!“ gab ihm der bucklige Mann zur Antwort. Misstrauisch dachte der reiche Mann über die Forderung, die der Gnom an ihn richtete nach. „Gib mir drei Tage Bedenkzeit!“
Der kleine bucklige Mann gewährte ihm gerne diese Bitte. – „Auf einen Teil meines Hab und Guts kann ich wohl verzichten, ohne dass ich danach Not leiden muss. Es tut mir auch sicher gut, wenn ich den Bedürftigen etwas von meiner Habe abgebe, “ dachte der Reiche und tat so. Er verkaufte die Hälfte seiner Habe und übergab den Erlös bedürftigen Einrichtungen.
Es war schon beeindruckend, die leuchtenden Augen der Bedürftigen zu sehen, als die Schecks feierlich übergeben wurden. Danach zog sich der Reiche wieder in seine Gemächer zurück und war so einsam wie zuvor. Niemand rühmte hernach mehr die Großtaten des Reichen. Die Menschen seinesgleichen spotteten und die bedürftigen Einrichtungen wandten sich fast täglich mit der Bitte um eine Gabe an ihn.

Nach dem dritten Tage erschien der Bucklige wieder bei dem Reichen. „Mir scheint, du hast das Glück immer noch nicht gefunden!“ sagte er. „Du hast dich nicht von deinem gesamten Besitz losgelassen. Verkauf den Rest deines Besitzes, gibt den Erlös den Bedürftigen und werden Wandergeselle! Mache dich auf den Weg zu den Menschen. Schaue die Schönheit der Natur und lehre die Kinder ihre Lieder. Diene Mensch und Natur.
So wirst du dein Glück finden!“ Es war eine sehr schwere Entscheidung, vor die der Bucklige den reichen Mann stellte. Kann ein Mensch mit leeren Taschen sein Glück finden? Ob der reiche Mann diesen Schritt wagte, möchte ich zunächst offen lassen. Einerseits gilt der Spruch: dass eher ein Kamel durchs Nadelöhr geht, als ein Reicher in den Himmel kommt. Anderseits gibt es viele Beispiele die diesen Schritt wagten – z.B. der Heilige Franziskus. Sicher ist, die Spannung zwischen den materiellen Ansprüchen und der Berufung zur menschlichen Freiheit begegnet uns Tag für Tag. Jeder muss hier sich für seinen Weg entscheiden.

Der kleine Bucklige sah dem Reichen in die Augen, und er sah, wie jener weinte. Der reiche Mann erkannte, wie sehr ihn sein Besitz gefangen hielt und ihn zu einem einsamen Mensch werden ließ. Das Loslassen ist ein schmerzhafter Prozess. Der kleine bucklige Mann konnte dies auch aus den Augen des Reichen lesen. „“Ich sage dir, sei tapfer und entschlossen! Lass dich durch nichts erschrecken und verliere nie den Mut; wohin du auch gehst, ich stehe dir bei!“ sagte er und gab dem Reichen einen Wanderstab und eine Feldflasche. „Wanderstab und Feldflasche werden dir auf deinem Wege helfen!“

Der reiche Mann verkaufte darauf auch den Rest seines Hab und Guts. Nur wenige Kleidungsstücke, ein Säckel für die Wegzehrung, die Feldflasche und den Wanderstab behielt er zurück. Den Erlös ließ er den Bedürftigen zukommen. Dann machte er sich auf die Wanderschaft. Zunächst fiel ihm auf, wie die Menschen in der Stadt von Hektik getrieben waren. Sie eilten von einem Ort zum anderen, sie schimpften über den stockenden Verkehr auf der Straße, sie scherten sich nicht um ihre Mitmenschen. Er, der nun alle Zeit der Welt hat, sah plötzlich die Welt mit anderen Augen. Er setzte sich auf eine Parkbank und dachte über lange Zeit über seine neue Situation nach.
Da fiel sein Blick auf einen Mann, der auf ebenfalls alleine auf einer Bank im Park saß. Zu ihm ging er, grüßte ihn und fragte: „Was ist dein Schicksal, dass du hier am Tage auf der Bank sitzt?“ – „Ach, Herr, ich war lange krank und habe dadurch meine Arbeitsstelle verloren.
Weil ich keine Arbeit habe, wurde mir auch meine Wohnung gekündigt. Und weil ich keine Wohnung habe, wurde ich noch kränker. Hier warte ich, dass mich der Tod abhole.“ – „Ist das alles, worauf du noch deine Hoffnungen stellst?“ fragte der Wandergeselle? „Siehe, ich habe mich entschlossen, mich auf den Weg zu den Menschen zu begeben. Und du bist der erste, dem ich begegne. Willst du mit mir gehen?“ – „Ach, Herr, die Menschen sind doch alle herzlos. Sie nutzen doch die anderen aus, damit sie es ihnen gut ginge. Auch du bist nicht anders.
Du suchst dein Glück!“ Da wurde der Wandergeselle sehr traurig. Er setzte sich zu dem arbeitslosen Mann und verharrte neben ihm Tag und Nacht. Zu der Stunde aber, als der Tod den Arbeitslosen holen wollte, sprach der Wandergeselle: „Tod, was willst du mit diesem armen Menschen treiben?“ Der Tod erwiderte: „Die Menschen sterben und sind verloren, weil sie nach dem irdischen Leben trachten.
Weil du aber bei diesem armen Menschen die letzten Tage verharrtest, will ich ihn in den „Schoße Abrahams“ setzten. Er soll Trost im Himmel finden!“ Darauf erhellte sich das Gesicht des Wandergesellen. Der Tod sprach: „Dir ist das Glück hold, weil du dich auf den Weg zu den Menschen gemacht hast. Stehe auf, dein Weg ist noch ein weiter Weg!“ Der Wandergeselle stand auf und setzte seine Wanderschaft fort.

Er kam in ein Dorf. Dort traf er auf einen alten Bauer, der gerade sein Vieh versorgte. Der Wandergeselle beobachtete den Alten wie er sich abmühte. „Hast du keine Knechte, die dir helfen könnte?“ fragte er. Der Alte antwortete: „Die jungen Burschen gingen alle in die Stadt. Dort könnten sie sich ihre Wünsche erfüllen. Hier auf dem Lande haben wir Mühe und Last mit unseren Feldern, Wiesen und unserem Vieh. Auch reichen die Erträge nicht, die große Familie zu ernähren. Nun sind nur noch wir Alten zurück geblieben.“ – „Könnt ihr euch nicht Ruhe gönnen.
Müsst ihr auch im Alter euch abplagen und habt doch nichts von eurer Arbeit? Ich komme aus der Stadt. Die Menschen in der Stadt wissen nichts von euren Plagen und Nöten. Den Kaufleuten ist es egal, woher sie das Brot, die Milch, die Butter und den Käse bekommen. Sie wollen ihren Profit machen. Wenn ihr also nichts mehr arbeitet, kümmert es keinen Menschen in der Stadt.“ Der Wandergeselle erinnerte sich an die Tage, wo er selbst als reicher Mann in Saus und Braus leben konnte. „Was soll aber mit den Feldern, den Wiesen und dem Vieh geschehen, wenn wir sie nicht bewirtschaften?“ fragte der Bauer. „Unsere Arbeit ist das Hegen und Pflegen der Natur. Geh hinaus auf die Felder und sieh, wie sich das Getreide entwickelt – vom Samenkorn zur vollen Ähre. Geh hinaus auf die Wiesen und sieh, wie die Blumen aufgehen und ihre Pracht zeigen. Und sieh das Vieh, das seit Jahrtausenden uns Menschen nutzte. Es geht nicht nur um die materiellen Dinge.
Wenn wir unsere Felder, unsere Wiesen und unser Vieh nicht bewirtschaften, kann die Natur keine Melodien mehr erzeugen. Es wird keine Vögel mehr geben, keine Insekten und auch die kleinen Nutztiere wird es nicht mehr geben.“ Da fragte der Wandergeselle, wie er dem Alten helfen könne. „Du siehst nicht danach aus, als wärst du ein Bauer. Ich sehe aber, dass du noch manches dazu lernen kannst. Ich will dich in die Kunst des Hegens und Pflegens der Natur einweisen.“ Und sie gingen auf die Felder. Der Bauer zeigte ihm, wie aus dem Saatgut, das er im Frühjahr in den Boden einbrachte, es sich bis zum Sommer in voller Ährenpracht zeigte. Gemeinsam ernteten sie das Getreide und fuhren das Stroh in die Scheune. Dann zeigte der Bauer dem Wandergesellen, wie sich die Blumen auf den Wiesen entfalteten, Bienen, Hummeln und Schmetterlinge nach Nektar suchten und sich die Lerchen in den Wiesen ihre Nester bauten.
Er zeigte, welches Gras die Rinder, die Schafe und die Ziegen fraßen, und wie aus ihrer Milch Butter und Käse gewonnen wurde. Der Wandergeselle erfuhr mehr über den Lauf der Jahreszeiten und wie Wind und Wetter den Kreislauf der Natur bestimmten. Er half dem alten Bauer bei der Arbeit, wo immer er konnte – jahrein, jahraus. Im siebenten Jahr aber geschah es, dass Unwetter die ganze Arbeit zunichtemachte. Felder und Wiesen waren überflutet, die Ähren vom Hagel zerschlagen. Es gab kein Futter für das Vieh. Die heitere Melodie der Natur verwandeltes sich in Trauer und Leid. Der alte Bauer sprach: „Nun ist meine Stunde gekommen, da der Tod mich abhole.
Ich habe nichts mehr zu essen. Dir mein Freund kann ich nichts hinterlassen. Felder und Wiesen sind kaputt und das Vieh vor Hunger verendet. Du bist noch jung. Mache dich wieder auf die Wanderschaft und du wirst erneut einen Ort finden, wo dein Glück zuhause ist! Nimm mit, die Melodien der Natur, die heiteren und die traurigen!“ Der alte schloss für immer die Augen und der Wandergeselle begrub ihn an einem stillen Ort. Dann machte er sich wieder auf den Weg.

An einem See, traf er auf eine Kinderschar, die gerade dort badeten. Sie tobten und lachten, sie schreien und kreischten. „Guten Tag“, grüßte der Wandergeselle, setzte sich ans Ufer und beobachtete das Treiben der Kinder. „Was habt ihr es schön. Ihr könnt euch unbeschwert freuen, könnt toben und lachen, schreien und kreischen.“ – „Oh, Herr“, antwortete eines der Kinder. „Wir müssten in der Schule sein. Doch das Lernen macht keine Freude. Darum sind wir hier.“ – „Warum macht euch das Lernen keine Freude?“ fragte der Wandergeselle erstaunt zurück. „Unsere Eltern planten für uns eine berufliche Karriere. Wir sollten erfolgreich und reich werden. etwa Stars im Showbuissinesgeschäft oder Monarchen eines großen Reiches, etwa Großindustrielle oder Banker. Vor uns sollten sich die roten Teppiche ausbreiten und das einfache Volk sollte sich vor uns niederknien. Dafür müssten wir aber Lernen und Lernen.“
Da fühlte sich der Wandergeselle an seine Vergangenheit erinnert und er erzählte den Kindern seine Geschichte: wie er als reicher Mann die schönste Villa in der Stadt hatte, die erlesensten Speisen und die besten Weine der Welt genießen konnte, die besten Ärzte zu ihm kamen, wenn er krank war, dass er nicht arbeiten musste, weil die Arbeit von seinen Dienern erledigt wurde und er also alles hatte, was das Herz begehrte. Nur eines habe ihn geplagt, die Gedanken Fremde könnten ihn um sein Hab und Gut bringen wollen. Er erzählte auch von den Begegnungen mit dem kleinen buckligen Mann, den er bewirtete und beherbergte und der ihn schließlich aufforderte sein ganzes Hab und Gut zu verkaufen, den Erlös den Bedürftigen zu schenken und als Wandergeselle zu den Menschen zu gehen.
Er erzählte von der Begegnung mit dem Arbeitslosen auf der Parkbank und wie der Tod den Armen in Abrahams Schoß trug. Er erzählte ihnen, wie bei dem alten Bauer die Melodien der Natur, die heiteren und die traurigen, entdeckte. Und nun sei er wieder auf dem Wege, den Ort seines Glückes zu finden. Da fingen die Kinder an zu singen: „Gott gab uns Atem, damit wir leben, er gab uns Augen, dass wir uns sehn. Gott hat uns diese Erde gegeben, dass wir auf ihr die Zeit bestehen. Gott gab uns Ohren, damit wir hören. Er gab uns Worte, dass wir verstehen. Gott will nicht diese Erde zerstören. Er schuf sie gut, er schuf sie schön.
Gott gab uns Hände, damit wir handeln. Er gab uns Füße, dass wir fest stehn. Gott will mit uns die Erde verwandeln. Wir können neu ins Leben gehen.“ (EKG 432) Er, der Wandergeselle lehrte die Kinder noch viele andere Lieder. Z.B. „Wach auf, mein Herz und singe dem Schöpfer aller Dinge, dem Geber aller Güter, dem frommen Menschenhüter.“ oder „ Die güldne Sonne voll Freud und Wonne bringt unsern Grenzen mit ihrem Glänzen ein herzerquickendes, liebliches Licht. Mein Haupt und Glieder, die lagen darnieder; aber nun steh ich, bin munter und fröhlich, schaue den Himmel mit meinem Gesicht.“
Sie sangen miteinander bis zum Abend. Dankbar verabschiedeten sich die Kinder von dem Wandergesellen und versprachen am nächsten Morgen wieder zur Schule zu gehen. Wenn ihnen die Freude am Lernen verging, sangen sie die Lieder, die sie von dem Wandergesellen gelernt hatten.

Da kam der Wandergeselle zu einem Brunnen. Diesen fand er sonderbar. Der Brunnen hatte mehrere Schalen – oben eine kleinere und nach unten hin wurden die Schalen größer. Aus der Quelle speist der Brunnen die Schalen. Diese wiederum geben an die anderen Schalen ab. Und die untere Schale schließlich gibt an die Quelle zurück, was die anderen Schalen empfangen haben.
Es entstand ein ewiger Kreislauf von Nehmen und Geben und Geben und Nehmen. Da wurden dem Wandergesellen die Augen geöffnet. Das war sein Lebenssinn. Er hat den Ort seines Glücks gefunden. Um den Brunnen bauten später Mönche ein Kloster. Heute ist darin eine Schule untergebracht. Mit Blick auf dem Brunnen sollen Sie die Melodien des Lebens lernen.

Übrigens, Hans im Glück war kein Vollidiot, wie mancher glaubte. In seiner Geschichte finden wir den Segen vom Nehmen und Geben und Geben und Nehmen wieder. Die Tauschpartner haben diesen Lebenssinn nicht erkannt. Ob sie glücklich wurden?