Corona
Frühjahr 2020

Wie ich die Coronazeit erlebte, möchte ich mit nachfolgendem Link illustrieren.

Ich erlaube mir, diesen Link aufzunehmen: 

https://www.youtube.com/watch?v=MfPpBFduHuY

Am Anfang der Pandemie habe ich bei Facebook folgenden Beitrag gepostet:

Ein Virus, das an den Grundfesten unserer Verfassung rüttelt

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Das Coronavirus kennt unser Grundgesetz nicht. Ihn interessieren die Grundrechte nicht. Sein Interesse ist, sich zu vermehren.

Die weltweit geltenden Kontaktbeschränkungen treffen uns sehr. Freiheiten, wie wir sie aus "Friedenszeiten" kennen, sind erheblich eingeschränkt. Es geht den Regierungen darum, das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, und deshalb die Erkrankungen in Schach zu halten. Je weniger Kontakte es gibt, umso geringer ist die Infektionsgefahr. Dies ist, wie ich finde ein Auftrag an die Exekutive. Bundeskanzlerin und Minister, wie auch Landesregierungsmitglieder haben geschworen, das Land vor Gefahren zu schützen. Weil niemand die Eigenschaften des Virus kennt, müssen die Maßnahmen entsprechen restriktiv ausfallen.

Nicht die Exekutive ist Souverän des Staates, sondern das Volk. Es muss wissen, was es möchte. Das ist schwer. Jeder Bürger hat seine Interessen, die ihm wichtig sind. Einkaufen, Reisen, Versammlungen in Gotteshäusern und Demonstrationen für Bürgerrechte, das alles sind berechtigte Bedürfnisse in einer Demokratie. Konzerte, Besuche in Museen und öffentliche Einrichtungen, Volksfeste und Märkte sind Lebenselixiere einer Gesellschaft (Brot und Spiele). Die Begegnungen mit Freunden, Verwandten und Nachbarn gehören zum unserem Sozialalltag. 

All dies ist im Moment sehr eingeschränkt, ja teilweise unmöglich. Ein Kulturvolk lebt vom Handel. Das gilt seit Alters her. Auch das wirtschaftliche Leben ist vom Virus stark betroffen. Das Bundesverfassungsgericht sieht dies und setzt der Exekutive Grenzen: Nicht länger als erforderlich und im Rahmen der Verhältnismäßigkeit. Und hier beginnt das Problem.

Zweifellos ist das Leben das höchste Gut. Zustände, wie aus anderen Ländern berichtet, dass Menschenleben kategorisiert werden muss, soll es bei uns nicht geben. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass auch bei uns das Gesundheitswesen Mängel aufweist. Diese sind bis jetzt auch nicht beseitigt, trotz erheblicher Anstrengungen. Die Rechnungen der Experten haben ihren Sinn. Im Rahmen ihrer Expertisen müssen wir uns bewegen. Es gibt Modelle dafür. Welches nun richtig ist, vermag niemand zu beurteilen. Das Virus ist eine Kreatur. Es folgt seinen eigenen Gesetzen. Es ist nicht Teil unserer Gesellschaft, was sich unseren Gesetzen unterordnet. Es ist gewissermaßen ein unberechenbarer "Verfassungsfeind". Dem gilt unser gesellschaftlicher Widerstand. Um unsere Grundrechte zu schützen, müssen wir bereit sein, uns gegenseitig zu schützen. Glücklicherweise geschieht dies auch. Es ist jedermanns Entscheidung: je zurückhaltender ich mich bewege, umso größer ist mein Anteil am kollektiven Schutzschirm. Und wenn ich mich bewege, dann mit entsprechendem Respekt gegenüber dem anderen.

Bisher habe ich die Kontaktsperre einigermaßen gut überstanden. Es ist schmerzlich, Freunde nicht zu treffen. Für die letzten Wochen hatte ich mich mit lieben Freunden verabredet. Das hat wegen der Reisebeschränkungen nicht funktioniert. Auch wenn ich jemanden habe, der Einkaufshilfen für mich macht, habe ich ein Problem damit. Ich sehe nicht, was in den Regalen der Läden ist; ich muss vorplanen. Und schließlich läuft auch der Onlinehandel nicht immer nach gewohntem Muster ab. Man muss auf die Pakete warten. Aber ich habe keine Notlage. Ich habe es gut. Auch wenn der Ausnahmezustand noch länger anhalten wird, wenn ich Pläne noch einmal umwerfen muss, es gab vor nicht einmal allzu langer Zeit Zeiten, die weitaus beschwerlicher waren als die Pandemie jetzt. 75 Jahre ohne Krieg und 72 Jahre "Wirtschaftswunder", das sind doch Gründe zur Dankbarkeit.

Ich wünsche für uns Langmut im Umgang mit dem Coronavirus.

Nichts hat sich im Laufe der Zeit an meiner Auffassung geändert, auch wenn sich manches über die Wirkung des Virus nun erklären lässt. Ich möchte deshalb den Blick auf zwei Gleichnisse richten:
Das Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (Mk. 4, 1 – 20) und dem Gleichnis von der selbstwachsenden Saat (Mk. 4, 26 – 29). 

Im Moment richten sich unsere Blicke auf die Saat, die auf den Weg, auf steinigen Boden und unter die Dornen gefallen sind. Zweifellos waren die Entwicklungen der letzten Wochen so, wie bei einer Sturmflut. Wir erlebten einen Ausnahmezustand. Fast alles war heruntergefahren. Existenzen wurden bedroht. Wenn jetzt wieder normaler Alltag hochgefahren wird, so haben wir immer noch mit den Auswirkungen des Corona-Virus zu tun. Nichts wird wie vorher. Ich denke, nur wenige werden davon profitieren – vor allem die, die am lautesten sind. Und sie werden die Leisen ersticken. Die „Vernünftigen“ werden sich weiterhin an die Kontaktbeschränkungen und an die Hygienevorschriften halten. Sie werden sich wohl in ihrem kleinen Kreis bewegen. Und sie warten, bis staatliche Behörden vermelden, dass sie die Pandemie irgendwie in den Griff bekommen haben. Dann gibt es die anderen, die „Unvernünftigen“. Sie werden die wieder gewonnenen Möglichkeiten in ihrer Fülle ausnutzen. Sowohl die „Vernünftigen“ wie auch die „Unvernünftigen“ werden von sich behaupten, dass sie im Recht sind. Was ich hier beschrieb, ist Stand der aktuellen Lage.

Was ich glaube übersehen wird, ist: „Der Sämann“ ist die gemeinsame Einsicht, dass die staatlichen Eingriffe notwendig sind, dass sich die Pandemie kontrollieren lässt. Es hat sich eine positive Wirkung gezeigt. Es gibt offensichtlich keinen Notstand in den Krankenhäusern. Weil der Notstand in den Krankenhäusern ausfiel, erwachsen daraus die Gedanken, dass die Einschränkungen wieder aufgehoben – zumindest gelockert werden müssen. Die Warnungen der Experten blieben teilweise ungehört. Es kommt hinzu, dass durch sich durch die Einschränkungen nicht erwünschte Nebenwirkungen einstellten. Zwar haben Bund und Länder Hilfen versprochen. Sie sind können aber das Defizit, das sich durch die Maßnahmen ergibt, nicht ausgleichen. Trügerische Erwartungen! Das „vierfache Ackerfeld“ ist Realität. Es musste eigentlich von Anfang an klar sein, dass die Pandemie wie eine Sturmflut über uns hereinbrechen wird. Wir müssen wissen, was wir möchten. Kein Weg führt an der Katastrophe vorbei.

Ich habe mir Gedanken gemacht, wie es in den nächsten Monaten aussehen könnte. Zwei Szenarien sind mir in den Sinn gekommen:
Entweder wir entscheiden uns für das bürgerliche Leben, das wir bisher hatten. Wir werden unseren Wohlstand erhalten können. Die Folgen der Pandemiebeschränkungen können schnell wieder ausglichen werden. Nichts wird uns mehr an die „Sturmflut“ erinnern. Ich denke dies ist ein Weg, den wir auch aus vergangen Katastrophen kennen. Ich erinnere mich aber auch daran, dass Maßnahmen für einen verbesserten „Katastrophenschutz“ sehr lange brauchen. Es kann passieren, sich dieselbe Katastrophe wiederholt.

Oder wir entscheiden uns für einen neuen Weg. Teilweise besteht diese Forderung schon. Ich meine den Weg zur Verantwortung für die Welt. Bisher gibt es nur fragmentierte Lösungsansätze. Ein gemeinsames Konzept gibt es noch nicht. Das zweite Gleichnis könnte helfen: „Ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und steht auf, Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst – er weiß nicht wie. Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn aber die Frucht reif ist, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da.“ Wir wissen inzwischen, dass unser Gesellschaftssystem gegen über der Welt unverantwortlich ist. Eine Abkehr davon wird bereits seit einiger Zeit gefordert und diskutiert. Ich verfolge dies aufmerksam. Auch hier gilt: Wir müssen wissen, was wir wollen. Ich habe den Eindruck, dass der Ernst des Problems erkannt wurde, nur der Weg ist umstritten. Wie schnell muss es gehen? Es muss wachsen. Wie bei der Coronapandemie brauchen wir Geduld. Es wird sicher nicht einfach.

Was mir klar geworden ist, so wie es bisher war, geht es nicht weiter. Es ist ein Prozess des Umdenkens im Gange – auch persönlich. Ich habe die letzten Wochen damit verbracht über meine Zukunft nachzudenken. Ich werde eine Veränderung vornehmen. Darüber werde ich zu gegebener Zeit berichten.

Malek Ismael

19. Oktober bis 29. Oktober 2019
Besucht: Talkha, Ad Daqahliyah, Egypt

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Die Zeit mit meinem EgyptMaster war sehr schön. Die Chemie zwischen uns kann besser nicht sein. Er passt auf mich auf. So fühle ich mich sicher bei ihm.

Wir hoffen, dass der Visumantrag diesmal genehmigt wird. Am 20. November hat er einen Termin bei der Botschaft. Wenn alles gut geht, wird er Ende Dezember zu mir kommen. Unabhängig davon, möchte ich Ende April noch einmal zu ihm fliegen. Eine Dauerlösung ist es nicht, dass ich permanent bei ihm bin. Die Lebensumstände entsprechen nicht meinem Stil. Ich bin Europäer. Mit dem orientalischen Lebensstil käme ich schwer zurecht. Das habe ich mit meinem EgyptMaster besprochen und er versteht meine Vorbehalte.
Trotzdem haben mir El Mansoura und Talkha sehr gut gefallen. El Mansoura ist eine junge und lebendige Stadt, was mir besonders gefällt, bin ich doch in einer Universitätsstadt aufgewachsen. Es ist eine überschaubare Großstadt. An den Verkehr musste ich mich gewöhnen. Aber mein EgyptMaster hat es gut gemanagt. Auch an den Müll am Straßenrand. Er hat mich immer wieder durch die Stadt geführt, und immer wieder andere Touren. Auch das Essen, dass er mir anbot war gut. Nur kann ich halt wenig essen. Einige Problem was ich hatte, war mein Stuhlgang. Zuhause hat sich das ziemlich schnell wieder reguliert.

Wir sind viel gelaufen, aber wenn ich mit meinem Rücken Alarm gab, hat mein EgyptMaster mir einen Platz gesucht, an den ich mich ausruhen konnte. Überhaupt hat es sich sehr stark darum gekümmert, dass ich meine nötige Ruhe bekam.
Wir haben viel miteinander geredet. Ich war mit ihm am Freitag auch in einer Moschee. Das hat mir auch sehr gut gefallen. Wir sind uns auch auf der spirituellen Ebene sehr nahe gekommen.
Ich bereue es nicht, nach Ägypten gereist zu sein. Es gab keine Probleme mit den Menschen dort. Sie sind nett und nicht aufdringlich. Nur einmal musste mein EgyptMaster einschreiten, als mich ein Junge anbetteln wollte. In seine Schranken verwiesen, ließ er dann von mir ab.

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abd batal ismael

2015 schrieb ich eine Geschichte, die mich bewegte: Volker, der Edelmann und Sklave. Ein Edelmann wurde von seinem König beauftragt, neues Land zu erkunden. Mehrere Jahre war er unterwegs, bis er endlich erkannte, dass sein Vorhaben aussichtslos erschien. Er begegnete dem Zwergenkönig, dem Herrn des neuen Lands. Im Laufe der Begegnung und in der Folge eines Traums wird der Edelmann zum Sklaven des Zwergenkönigs. In einer Höhle gefangen bekam er den Auftrag die Edelsteine einzusammeln, die er in der Höhle finden konnte. 

Es ist die Geschichte, die immer schon mein Herz bewegt. Die Edelsteine, die in der Höhle gefunden werden, leuchten gerade in der Dunkelheit auf.

(Diese Geschichte ist unter der neuen Rubrik „Geschichten / Performances“ zu finden)

abd batal ismael – übersetzt „Sklave des Master Ismael"

Mein EgyptMaster Ismael ist ein Arabischer muslimischer Meister mit arabischer Vormachtstellung. Er hat meine Geschichte gelesen und erkennt meine Gefühle. Wir haben über Wochen uns darüber ausgetaucht und festgestellt, dass wir uns in dieser Beziehung ergänzen.

Familienbesuche

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Besuch bei meiner Familie in Basel / Schweiz
Visiting by my Family in Basel / Switzerland

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Besuch bei meiner Familie in Nordhessen / Deutschland
Visiting my family in Northern Hessen / Germany

4. Januar 2018 Verlobung
1. August 2018
23. - 25. Oktober 2018

Verlobung und Partnerschaftsbeziehung
mit Dave

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Ich habe mich mit einem jungen Mann, Dave aus England, verlobt.

Im Oktober lernte ich Dave beim Rollenspiel bei einem Event kennen. Dave ist sofort auf mich angesprungen. Er ist schwul und steht auf ältere Männer. Dass er meine Körpernähe sucht, macht mich glücklich. Als Physiotherapeut hat er Hände, die mir wohltun. Als Mensch hat er eine Inspiration, die meine Seele erhebt. Nach der Zeit mit Markus war das für mich wichtig.
Auch wenn zur Zeit eine Heirat nicht zur Debatte stehen, weil wir unsere Lebensräume in verschiedenen Ländern haben - er lebt in England, haben wir uns entschlossen als Partner für einander da zu sein.

Während einer Auszeit in den las ich ein Buch, das Ereignisse der Märzrevolution von 1848 behandelt; und wie jeder Roman enthält er eine Liebesgeschichte. Bisher hatte ich keinen Zugang zu solchen Geschichten. Nun plötzlich brannte mein Herz. Ich fühlte, wie eine Energie in mir wach wird. Ich kann seine Zuwendung zu mir nicht abwehren, sondern ich will sie zulassen und selbst die Nähe zu ihm suchen.

Ich stürze mich in kein Abenteuer, sondern es ist, wie damals der Weg nach Berlin mein Lebensweg. Der Gedanke, dass ich seit dem ich erwachsen bin, zum ersten Mal Liebesgefühle bekommen habe, und diese, wenn ich sie nicht für mich zulasse nie wieder kommen werden, bestärkt mich zu diesem Schritt. Und dann weiß ich, dass jeder meiner Lebensschritte sich als "alternativlos" erwiesen haben.

Am ersten Wochenende im August stand für mich wie üblich das Kulturfestival "Trommer Sommer" auf dem Programm. Dieses Jahr bin ich mit Dave dort gewesen und es war anders als sonst. Dave bracht zwei Freundschaftring mit. An meinem Geburtstag stecken wir uns diese Ringe an. Seit dem sind wir sichtbar für jeden ein "Paar". Wir hatten wunderschöne Tage auf der Tromm. Die Vorstellungen, die wir besuchten, unterstrichen thematisch unsere ersten gemeinsamen Tage.

Im Oktober gibt es noch einen krönenden Abschluss der "Flitterwochen", wenn wir zwei Tage in einem Hotelzimmer, das nach meinem Freund Bernd benannt ist, verbringen dürfen; ein Geschenk von ihm. 

"Manchmal passiert etwas Komisches, wenn sich zwei Menschen begegnen. Da sind zwei Instrumente gleich gestimmt und spielen die gleiche Melodie. So war es bei uns.
Klaus & Dave

Sometimes something funny happens when two people meet. Since two instruments are the same tuned and play the same melody. That's how it was with us
Dave & Klaus"

20. Oktober 2017 12:00
bis 24. Oktober 2017 16:00

Führe uns in Versuchung
The Saxony Penitentiary 100

Nachdem ich mein Engagement mit Markus beendet hatte, wollte ich mir eine Auszeit gönnen. Ich wollte mich wieder einmal einer körperlichen und emotionalen Herausforderung stellen. Es bot sich an, was ich bereits in meinem Film absolvierte – ein Rollenspiel in der Haft.

Für die Performance habe ich eine fiktive Geschichte erdacht.
Die handelnden Personen:
Aktivist: Klaus Johannes Wolf
Gefängnisdirektor/Staatsanwalt: Nick
Gefängnisaufseher: Gino
Wärter: Dave

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Die Geschichte behandelt die Zeit des Aufbruchs der demokratischen Bewegung im 19. Jahrhundert. Ein Aktivist der Arbeiterbewegung wird in einer sächsischen Kleinstadt von der Polizei aufgegriffen und in das nahe gelegene Gefängnis eingeliefert. Dort gerät er in die Mühlen der Justiz.

Im Gefängnis angekommen wird er im Keller in eine kerkerähnliche Zelle gebracht, muss alle seine Sachen abgeben; Rucksack, Kleidung und Wertsachen. Ab sofort wird er nur noch Sträflingskleidung mit der Aufschrift „JVA Grossenhain prison“ tragen und hundert Stunden mehr oder weniger in Ketten in einer Gefängniszelle verbringen.

Ein Wärter öffnet die Zellentür und bringt den einbehaltenen Rucksack mit. Alle Gegenstände werden einzeln ausgepackt und untersucht. Er lässt keine erkennbare Tasche im Ranzen aus. Er findet schließlich auch einen Stoß mit Flyern, in der zu einer Volks-Kundgebung aufgerufen wird. Die Flyer hatte der Aktivist in einer versteckten Tasche seines Rucksacks verstaut. Politische Propaganda ins Gefängnis einzuschleusen ist sträflich verboten. Das weiß auch der Aktivist. Dem Wärter ist sofort klar, er muss Meldung bei seinen Vorgesetzten machen. Es dauert auch nicht lange, dass der Mann der Tat zum Verhör vorgeführt wird. Die Frage der weiteren Untersuchung ist, wer hat diesen Aufruf verfasst und warum wurde er ins Gefängnis mitgebracht.

Egal, wie der Aktivist argumentieren wird, eine Bestrafung wegen unerlaubten Besitz von politischen Schriften ist unerlässlich. Mit harten Prügelstrafen, wie damals üblich, soll der Delinquent zur Rechenschaft gezogen werden.

Auch wenn der Staatsanwalt, der die Verhöre übernommen hat, seine Sympathie für die Forderungen der demokratischen Bewegung bekundet, lässt nicht beeindrucken und so einfach Gnade vor Recht ergehen. Er muss mit allen Mitteln den Aktivisten zum Geständnis bewegen.

Dieser wiederum bekundet beharrlich seine Unschuld. Den Aufruf habe die Druckergewerkschaft verteilt und er wüsste nicht, wer die Verantwortlichen wären. In der Tat, zur Zeit des demokratischen Aufbruchs wurden Vereinigungen von Arbeitnehmervertretern gegründet, und die Druckereigewerkschaft war eine der ersten ihrer Art. Die Gewerkschaftler treffen sich in der Gaststätte „Roter Hahn“, der als Versammlungsort der Arbeiterbewegung bekannt ist. Ihr Name ist Programm. Gerhart Hauptmanns Stück ist der Namensgeber der Kneipe.

Er, aber auch Käthe Kollwitz, eine Künstlerin, die die verheerenden Umstände der Ausbeutung in ihren Arbeiten wiederspiegelt und Hugo von Hoffmannsthal, dem Urheber des Deutschland-Lieds, dessen dritte Strophe heute die deutsche Nationalhymne ist, zählen zu den Gästen, die dort auftreten sind.

Der Staatsanwalt scheint jene nicht zu kennen. Zumindest sind die Personen nicht polizeibekannt. Andere Personen, wie Lasalle, Bebel oder Wilhelm Liebknecht, alle frühe Führer der Sozialdemokratie, scheinen ihn nicht zu überzeugen. Niemand der genannten kann als Zeuge auftreten. Auch nicht Politiker der jüngeren Geschichte, die sich für Einigkeit, Recht und Freiheit einsetzen, und die der Aktivist als Bürgen nannte. Nach vier vergeblichen Versuchen, seine Überzeugung zu verteidigen, gesteht er schließlich ein, dass er den Aufruf verfasst habe. Er wollte mit dem Einschleusen der Flyer ein Zeichen gegen die reaktionär-restaurativen politischen Kräfte demonstrieren. Ihm sei gelungen, die Anliegen der demokratischen Bewegung auch ins Gefängnis zu tragen und die dort Verantwortlichen für diese Ziele zu gewinnen.

Am 18. März und am 9. November treffen sich Frauen und Männer auf dem Friedhof der Märzgefallenen, um der Märzrevolution und ihres vermeintlichen Scheiterns zu gedenken. Mir sind die Grundwerte der Demokratie, wie ich sie im Flyer manifestiert habe, ein großes Anliegen (siehe auch ehrenamtliche Betätigung – Paul Singer Verein).

Es ist auch eine Geschichte der menschlichen Nähe. Nick, Dave und ich haben in den Stunden eine Freundschaft entwickelt. In unendlichen Gesprächen haben wir viel Gemeinschaftliches entdeckt. Wir wollen noch viele genauso intensive Begegnungen haben. Ich sehe für mich eine neue Lebensperspektive.

Geschichte in Bildern 

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Premiere 19. / 20.05.2016

„Silversex“
Theaterstück mit den Lovefuckers Berlin


Für eine Theaterperfonance an den Berliner Sophiensaelen wurde ich angefragt, als Protagonist mitzuwirken.

Die Spielfläche ist leer. Hinten gibt es einen Vorhang, auf den Videoaufnahmen der Interviews projiziert werden, die die Gruppe vorab geführt hat. Doch zuerst betreten die beiden Hauptdarsteller selbst die Bühne. Sie sind nackt.

Unangenehme Fragen. Wer denkt schon gern über die Probleme des Altseins nach? Doch in den Interviews sind ziemlich lebenslustige Rentner zu sehen. Vor der Kamera sprachen natürlich nur die, denen das Thema nicht peinlich ist. Andere ließen sich per Telefon interviewen. In den Geschichten, die an dem Abend erzählt werden, ist immer wieder von Überraschungen die Rede, die verschiedene Lebensabschnitte bereithalten. Offenheit ist gefragt - und das nicht nur im Sexleben.

(Deutschlandfunk, Oliver Kranz, 2016)

Und nun erlebe ich einen begeisterten Auftritt in den Sophiensaelen in Berlin. Ich bin glücklich über das Zusammenspiel mit der Gruppe. Die Theatermacher sind auf meine Bedürfnisse eingegangen. Von Beginn an nehme ich an der Weiterentwicklung des Stückes teil. Mein Part ist mich selbst darzustellen, meine Ausdrucksweise sichtbar zu machen und einfach auf das Publikum wirken zu lassen, als einer von mehreren "Silver-Age", die in dem Bühnenwerk vorgestellt werden.

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© Christian Marquardt, Berlin

Premiere 15. / 16.11.2013 in Rom

„Der Unfertige“ von Jan Soldat

Weit kommt er nicht: zwei, drei Schritte auf die Kamera zu, dann halten ihn die Ketten zurück, die zur schlichten Bettstätte hinter ihm führen. Nackt, verwundbar, entblößt und doch in seinem nervösen, gedrungenen Schalk eigensinnig souverän steht er nun vor uns. Ein Gefangener nicht nur der Ketten, die schwer an ihm hängen, sondern auch des unverwandt starren Bildkaders, der vom Raum nur wenig mehr preisgibt als das Bett, auf dem sich dieser Mann uns eingangs vorstellt: „Odenwald-Gay. Oder Gollum. Oder Klaus! 60 Jahre alt, schwul. Sklave!“

(TAZ, Thomas Groh, 2014)

Vor drei Jahren begegnete ich Jan Soldat, einem Filmemacher. Mit ihm habe ich den Film "Der Unfertige" gedreht. Als wir (Jan und ich) uns zur ersten Begegnung trafen, war ich auch schon nackt. Er war zu Beginn etwas irritiert, weil es für ihn eben ungewöhnlich war, weil er selten nackten Menschen so lange gegenüber saß. Einen nackten Menschen anzusehen bedeutet, ihn vor sich zu haben wie er ist. Dies war auch meine Absicht. Er hatte verstanden, dass es zu mir gehört mich so zu zeigen, wie er eben mit Jeans und Pullover rumlaufe. Ich, das sind meine Synonyme „odwgay“ und „Gollum“.

Letzeres wurde mir zugeteilt weil ich an die Figur aus dem Film „Herr der Ringe“ erinnere. „Gollum“ wiederum leitet sich von der Sagengestalt „Golem“ ab; was so viel bedeutet wie „der Unfertige“. Es geht mir um ein Rollenspiel. Es ist mir ein Anliegen, mich während des Films nackt zu zeigen. Als Sklave ist dies möglich. Hals-, Fuß- und Armbänder trage ich als Sklave, weil ich mich nach Ketten sehne. Angekettet merke ich, dass sich mein Bewegungsradius eingeschränkt hat. Der Film ist eine Auseinandersetzung mit meinem Lebensschicksal.

IMDb. Der Unfertige (2013)

Video auf Vimeo anschauen

Premiere mit Preisauszeichnung in Rom, Vorführung und Filmgespräch mit Jan Soldat in Wien, Deutschlandpremiere an Volksbühne Berlin (Podium nach der Filmvorführung), Filmgespräch mit Mark Stör in Hamburg, Premiere mit Preisauszeichnung in Rom

c-k-photo.de

Fotoshooting 2011




Als ich vor rund 16 Jahren den Theatermacher Jürgen Flügge kennenlernte, dachte ich noch nicht daran einmal vor Publikum aufzutreten. Ich war damals noch sehr schüchtern und in meinem "Minderwertigkeitskomplex" gefangen. "Da, wo 50 Leute sich versammeln, sind 100 zuviel," so meine Gefühle damals. Jürgen Flügge - auf der Suche nach jemanden, der ihn bei der Steuer unterstützt - kam zu mir, als ich gerade in das Odenwalddorf Grasellenbach-Scharbach umgezogen war. Er erzählte mir von seinem Projekt Hoftheater Tromm, und er lud mich zu einer Vorstellung ein.

Es war eine Kindervorstellung, die mein Leben veränderte. Ich wurde von dem Stück so berührt. Es griff ein Thema auf, welches mich über 40 Jahre beschäftigt hatte. Nach der Vorstellung fasste ich mir ein Herz, sprach die beiden Schauspielerinnen an, und erzählte von meinen Gefühlen, die ich während der Vorstellung hatte.
Ich lernte Jan Gebauer, einen jungen Schauspieler, der auf der Tromm gastierte, kennen und wir freundeten uns an. Auch mit ihm kam ich ins Gespräch.

Und schließlich an meinem 50. Geburtstag hatte ich ein Erlebnis, das den Durchbruch schaffte. Bülent Ceylan war zu Gast auf der Tromm. Er ergab sich, dass wir an diesem Abend in einen Schlagabtausch zwischen dem kurpfälzierischen und schwäbischen Dialekt getreten sind. Es hat uns beiden mächtig Spaß gemacht. Bülent bat mich am Ende auf die Bühne, und das zahlreiche Publikum sang mir das Geburtstagsständchen.

Das war ein Erlebnis, welches mir Mut machte, mich zu entäußern. Ich begann mich mit meiner Persönlichkeit konkret auseinanderzusetzen. Beispiele: Rasur des Schädels als Bejahung meiner Missbildung am rechten Ohr; das Tragen meines Armyfetisches in der Öffentlichkeit; Fotosession; Mitmachen beim Folsom Straßenfest als Schuhputzsklave; Mitmachen bei Events – wie Sklavenlager und Knast.

Es dominiert in den entsprechenden Szenen die Neutralität, die hier nicht hoch genug einzuschätzende tendenzielle Teilnahmslosigkeit der Inszenierung. Die kalten, abweisenden Räumlichkeiten eines sogenannten Sklavencamps, an welchem Wolf zur Kultivierung seines Unterwerfungshabitus teilnimmt, erscheinen genauso unnahbar wie die Sexualpraktiken selbst, wenn er sich von den dortigen Wärtern zunächst bereitwillig schikanieren, auf sich urinieren und schließlich auf sein Gesäß einpeitschen lässt.

„Es geht mir nicht darum, Zärtlichkeit in anderen Männern zu finden. Das, was ich suche, ist Verständnis“, erklärt er gegen Ende das seinem Handeln obliegende Versprechen. Und gerade das scheint auch der Ertrag dieses wunderbaren Films, nach all dem Zuhören, nach all dem Schauen, zu sein: Nicht die Dinge selbst werden uns Zuschauern nähergebracht, sondern die Tatsache, dass sie diesen einen, bestimmten Menschen glücklich machen und ihr simples Bestehen somit mehr als nur gerechtfertigt ist.

Irgendwo wohnt in uns allen doch ein Unfertiger, jemand, der sehnsüchtig etwas sucht, eine Schmerzlinderung, ein kleines, noch so unscheinbares Glück und es im Trubel des Gewohnten und Selbstverständlichen häufig aus den Augen verliert.

(NEGATIV, Michael Brodski, 2013)